Lockdown als Chance?! – Waldprojekt der Kita Bethaniendamm

Plänterwald, 9:00 Uhr: Andreas Schönefeld, Erzieher und Wildnis-Pädagoge und Paula Schenk, Erzieherin in der Kita Bethaniendamm, starten heute mit sieben Kindern zu ihrem Lieblingsplatz im Wald. Eine Lichtung mit Wurzeln, Erdhügel, Baumstämmen, Licht- und Schattenecken – ein richtiger Abenteuerplatz. Felix, Rosa, Jonas, Shima, … sind Kinder im Waldprojekt. Von hier aus erkunden sie die Natur. Geheimwege, Verstecke, Spuren von Tieren. Es gibt täglich Neues zu entdecken. Die „Plansche“, die Waldschule und der Waldspielplatz liegen ganz in der Nähe.

Ein Waldprojekt als Antwort auf die Corona-Krise

Notbetreuung in Berliner Kitas: Berufstätige Eltern können die Kinderbetreuung kaum mehr aufrechterhalten. Erzieher*innen aus Risikogruppen dürfen in einigen Bereichen nicht arbeiten, jedenfalls nicht in geschlossenen Räumen. Und strenge Hygienestandards erschweren den Kitabetrieb. Auch für die Kita Bethaniendamm bringt die Corona-Krise Veränderungen. Das Konzept der offenen Arbeit muss auf die Betreuung in geschlossenen Gruppen umgestellt werden. Umso mehr zeigt sich der Vorteil qualifizierter Fachkräfte. Drei Erzieher*innen verfügen über Zusatzausbildungen in Wildnis-, Erlebnis- sowie Heil- und Kräuterpädagogik und die Kita hat Erfahrungen in Naturpädagogik. Seit einigen Jahren finden regelmäßig ´Waldtage´ statt. Die Idee zum Waldprojekt entsteht. Eine Gruppe von jeweils 10 Kindern (im Regelbetrieb 12 Kinder) und 2 Erzieher*innen wird sich während der Betreuungszeit in der Natur aufhalten und vorwiegend mit den Dingen spielen, die sie im Wald oder auf dem Feld vorfinden.

„Es geht um Naturverbindung, heimisch werden, um das freie Spiel und Erfahrungen in der Natur als Urbedürfnis und Voraussetzung für eine gesunde und glückliche Entwicklung“

ist Andreas Schönefeld überzeugt.

Der Aufenthalt im Freien fördert die Gesundheit und wirkt positiv auf das Immunsystem der Kinder und Erzieher*innen. In Zeiten der Corona-Krise umso bedeutsamer.

Vier Wochen schon kommen die Kinder in den Wald. Fünf Tage in der Woche von 9:00-15:00 Uhr. Auch bei Regen, das gehört dazu. „Geisterweg“, „Schlangenbaum“, „Drei-Buchenplatz“ – ein kühler Ort, wenn die Mittagshitze zu stark wird. Die Kinder haben ihr neues Umfeld sofort angenommen und empfinden es als natürlich, den ganzen Tag im Wald zu sein.

Picknick im Wald

Ihr Essen und Trinken bringen die Kinder im Rucksack mit. Zusätzlich haben die Erzieher*innen etwas Brot, ein bisschen Obst und Gemüse und Trinkwasser dabei. Wenn es regnet, schützen zwei Tarps (Outdoor-Planen) oder das Überdach am Waldspielplatz. Lange Hosen und Ärmel sind Pflicht. Wechselsachen, Sonnenschutz, Käppi sind immer dabei. Händewaschen mit Lavaerde, die desinfiziert und umweltschonend ist. Zum Schutz vor Zecken wird Schwarzkümmelöl auf die Kleidung aufgetragen.

„Geister sind Fledermäuse und die sind im Wald“ (Pauli, 4 Jahre).

Der Wald fördert die Kreativität der Kinder. Die Kinder bauen Holzzelte, rühren Holunderseife oder schnitzen Rohrflöten. Heute finden sie einen toten Maulwurf. Wie groß die Schaufeln sind! „Der hat ja keine Augen!“ 10 Kinder lauschen Andreas Schönefeld, der über den Maulwurf erzählt. Im Spurenbuch finden sie heraus, was der Maulwurf frisst, wie „Maulwurfkacka“ aussieht, dass er fast blind ist und mit seinen Schaufeln lange Gänge in die Erde gräbt. Warum lebt er in der Erde? Warum ist er gestorben? Sie suchen einen ruhigen Platz, um ihn zu beerdigen. Wie selbstverständlich erfahren Frida, Hadi und die anderen die Natur. Sie erleben Tiere und Pflanzen in ihren ursprünglichen Lebensräumen und sammeln ganzheitliche Erfahrungen.

Das Waldprojekt, entstanden aus der Not, wird zu einer neuen Chance. Kinder und Erzieher*innen sind weniger lärmbelastet als in geschlossenen Räumen. Sie können sich freier bewegen. Die Eltern erleben ihre Kinder ausgeglichen und zufrieden.

„Rosa erzählt viel mehr. Sie spricht davon, was sie gefunden und gebastelt haben. Dass sie einen Falken gesehen hat. Sie kommt schmutzig aber glücklich nach Haus.“

Rene, Vater von Rosa, hofft, ebenso wie die Erzieher*innen und Kitakinder, dass das Projekt, welches für 6 Wochen angelegt ist, ergänzend zum Kitaprogramm weitergeht.

Fotos: Andreas Schönefeld und Katharina Dressel